Keltenmuseum Hallein
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5400 Hallein

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Archäologie online

Aus dem Keltenmuseum Hallein

Archäologie online präsentiert faszinierende Objekte und die spannenden Geschichten dahinter. Bleiben Sie neugierig!

  

Nr. 12 | VORTRAG - DER DÜRRNBERG BEI HALLEIN. EIN ZENTRUM DER KETLISCHEN WELT

     

        

Nr. 11 | EIN VOGEL BRINGT GLÜCK?

Traditionell bot die Welt der Vögel vielfältige Möglichkeiten, Symbole sakraler Bedeutung zu kreieren und zu vermitteln. In Zusammenhang mit der Leichenverbrennungssitte kann der Moment der Trennung von Körper und Seele und deren „Jenseitsflug“ mit der Vogelsymbolik in Verbindung gebracht werden. Ähnliche Vorstellungen dürften auch die Symbolik des Brandopfers bestimmt haben, bei dem Vögel als Mittler zwischen Diesseits und Jenseits, als Boten in der Kommunikation zwischen Sterblichen und übersinnlichen Mächten wahrgenommen wurden. Aus dieser Fähigkeit, in unerreichte Sphären emporzustreben, in unmittelbaren Kontakt mit den Göttern zu treten, erschließt sich auch die Bedeutung der Vögel. Die im antiken Rom und Etrurien hinlänglich bekannte Sitte, im Vogelflug den Götterwillen zu erkennen, darf zweifellos auch in den eisenzeitlichen Kulturen Mitteleuropas vorausgesetzt werden.

Die Vögel mögen als Schutz- und Glückssymbole auch Gewandschließen Amulettcharakter verliehen haben. Neben den zahlreichen Vogelkopffibeln vom Dürrnberg stellen die vollplastischen Vogeldarstellungen auf Fibeln eine Besonderheit dar. Ein fliegender Raubvogel – hierauf deutet sein gekrümmter Schnabel – gehört einer weiblichen Bestattung aus Grab 350 des Putzenfeldes an. Aufwändiger gestaltet ist ein weiterer fliegender Vogel, der aufgrund seines runden Kopfes, des kurzen und stark gekrümmten Schnabels sowie der charakteristischen, zum sogenannten „Gesichtsschleier“ gehörenden, runden Befiederung um die Augen als Eulenvogel identifiziert wird. Die im linken Bauchbereich getragene Fibel schmückte mit weiteren Gewandschließen eine Tote aus Grab 70 des Eislfeldes.

aus: Wendling, Holger, Emblematisches vom Dürrnberg. Eisenzeitliche Kleinplastik aus einem Zentrum der keltischen Welt, in: S. Hye/U. Töchterle (Hrsg.), UPIKU:TAUKE. Festschrift für Gerhard Tomedi zum 65. Geburtstag. Universitätsforsch. Prähist. Arch. 339, Bonn 2019, 582–583.

Nr. 10 | KEIN GELAGE OHNE KANNEN!

Prestigeobjekte, die aus dem exotischen Süden stammten, sollten den Einfluss sowie die wirtschaftliche und politische Macht der eisenzeitlichen Eliten repräsentieren. Wer Zugang zu derlei fernen Gütern besaß, ragte im Ansehen über die breite Masse hinaus. Neben dem Besitz originaler, aus dem mediterranen Raum stammender Gefäße und Schmuckstücke genossen indes auch die mit ihnen assoziierten Inhalte, etwa das griechische Gelage, einen guten Ruf und wurden in einheimische Sitten integriert. Die griechisch-etruskischen Gegenstände des Feierns und Trinkens wurden hierfür nach einheimisch-keltischer Art adaptiert, umgeformt und nachgearbeitet. 

Ein herausragendes Beispiel einer solchen Imitation südlicher Vorbilder ist die berühmte bronzene Schnabelkanne des Dürrnbergs. Sie geht auf etruskische Kannen zurück, wurde jedoch in Form und Verzierung eindeutig von einem keltischen Handwerker gefertigt. Gleiches gilt ganz offensichtlich auch für keramische Schnabelkannen vom Dürrnberg. Durch die feine, glatt-glänzende Oberfläche der Kannen sollte das metallene Vorbild imitiert und vielleicht dessen inhaltliche Bedeutung im elitären Fest oder Totenmahl wiedergegeben werden. 

Die „kulturelle Aneignung“ der Vorstellungen der Herkunftskultur spiegelt sich also in einer Übernahme von Gegenständen wider. Die Objekte wurden genau wie das zugrundeliegende Konzept des griechischen Festgelages nicht exakt kopiert, sondern in der einheimischen Formensprache umgesetzt und weiterentwickelt. Trotz eines vermeintlich geringeren materiellen Wertes war die ideelle Aussagekraft der Schnabelkannen aus Keramik wohl offenkundig und ließ das Ansehen seines Besitzers ebenso wie ein Original aus dem Süden erstrahlen. 

aus: Wendling, Holger, Bilderwelten aus der Ferne, in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014, 156.

Nr. 9 | Farbenprächtig und zerbrechlich: Schmuck aus Glas

Glas ist ein relativ junger Werkstoff, der erst im 2. Jahrtausend v. Chr. wohl in Mesopotamien und Palästina und dann vor allem in Ägypten entwickelt wurde. Schon seit etwa 5000 v. Chr. wurde dort Fayence, eine Quarzkeramik mit glasig verschmolzener Oberfläche hergestellt. Echtes Glas aus den Bestandteilen Silikat, Alkali (Soda) und Kalk besaß in den bronzezeitlichen Kulturen des östlichen Mittelmeeres enormen Wert und wurde als „fließender Stein“ getauscht. 

Glas des Mittelmeerraums gelangte seit etwa 1400 v. Chr. nach Mitteleuropa, wo schließlich in der Urnenfelderzeit zahlreiche Glasperlen in Umlauf waren, deren Rohmaterial möglicherweise bereits vor Ort mit Soda-Asche gewonnen wurde. Zur Herstellung der blau-weiß gebänderten urnenfelderzeitlichen Perlen, die als sogenannte Pfahlbautönnchen auch vom Rainberg in Salzburg bekannt sind, wurden Stäbe aus farbigem Glas in Öfen zu einfachen Perlen gewickelt. 

Aus einem späteren Zeitabschnitt stammt schließlich ein filigraner Glasarmring vom Dürrnberg, der die lokale Glasverarbeitung in der Jüngeren Eisenzeit widerspiegelt. Sie gipfelte in den nahtlos gefertigten Armringen, deren genaue Herstellungstechnik bis heute noch Rätsel aufgibt.

aus: Wendling, Holger, Zeitsprünge | Ursprünge - Reise in die Urgeschichte Salzburgs. Ein Handbuch der urgeschichtlichen Archäologie einer Alpenregion, Salzburg 2018, 110.

Nr. 8 | Ein Hut als Krone?

In der unter Luftabschluss in feuchtem Milieu konservierten Holzammer von Grab 351 am Dürrnberg haben sich verschiedene Objekte aus organischen Substanzen erhalten. Im Kopfbereich des hier bestatteten Mannes fanden sich z. B. Reste von Birkenrinde. Die Lage ließ bereits während der Grabung auf eine Kopfbedeckung schließen. Die anschließende Restaurierung zeigte, dass es sich um einen kegelförmigen Hut handelt, dessen Passseiten miteinander vernäht worden waren. Die Oberfläche des Birkenrindenhutes ist flächig mit äußerst sorgfältig ausgeführtem Stempelmuster verziert. Neben dem um 515 v. Chr. auf ein Brett gebetteten Toten waren der Hut, Reste eines Weidenkorbes und ein Holzspatel erhalten. In dem unmittelbar benachbarten, vermutlich rund fünfzig Jahre jüngeren Grab 352 konnten die Reste eines weiteren Birkenrindenhutes geborgen werden.

Bis zum Fund der Dürrnberger Exemplare galt die spitzkonische Hutform aus Rinde als äußerst selten. Im sogenannten Fürstengrab von Hochdorf (Baden-Württemberg, Deutschland) trug der um 520 v. Chr. Bestattete einen vergleichbaren Hut. Seine Entdeckung ermöglichte wiederum die exakte Ansprache der Kopfbedeckung einer nur wenige Kilometer von Hochdorf entfernten in Hirschlanden aufgefundenen Statue. Ein mit einem Dolch gegürteter Mann trägt einen Halsring und einen konischen Hut, der ohne Zweifel den aus Birkenrinde gefertigten Kopfschmuck der Hochdorfer und Dürrnberger Toten darstellt. 

Eine Interpretation des außergewöhnlichen Kleidungsstücks ist schwierig. Die beiden Dürrnberger Exemplare zeigen, dass der vormals als einzigartig eingeschätzte Hut durchaus häufiger getragen worden sein könnte. Möglicherweise hat er sich in vielen anderen Gräbern aufgrund ungünstiger Bedingungen einfach nicht erhalten. Sollte er aber ein gängiges Accessoire der Männerbekleidung gewesen sein, verwundert es, dass er nicht öfter auf figürlichen Darstellungen hallstattzeitlicher Männer abgebildet ist. 

aus: Wendling, Holger, Bilderwelten aus der Ferne, in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014, 170.
 

Nr. 7 | Bilderwelten aus der Ferne

Archäologische Objekte gewähren nur sehr selten einen direkten, figürlichen Blick in die Lebenswelt vergangener Kulturen. Dies gilt besonders für die frühe Eisenzeit. Die Objekte wurden fast ausschließlich mit geometrischen Motiven verziert. Wenn dennoch Tiere oder Menschen als Verzierungen verwendet wurden, so erregen diese Funde Aufmerksamkeit. Sie wirken im sonst unikonischen Umfeld fremdartig und exklusiv. Entsprechende Darstellungen wurden auf zwei Bronzegefäßen in Gräbern auf dem Dürrnberg gefunden (Eislfeld Grab 137, Kranzbichl Grab 346).

Eines der Gefäße, geborgen im Jahr 2000, stellt auf mindestens zwei übereinander liegenden Friesen komplexe Abläufe dar: Männer mit langen Mänteln und breitkrempigen Hüten schreiten einher, treiben ein Pferd, spielen auf der Panflöte und schöpfen Wein aus einem Dreifuß. Ein barhäuptiger Mann in knielangem Schurz kredenzt Wein aus einem Henkelgefäß, während zwei Jäger eine erlegte Hirschkuh an einer Stange transportieren. Die figürlichen Szenen sind stilistisch typische Vertreter der sogenannten Situlenkunst, die im 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. in der ostalpinen Hallstattkultur beheimatet war. Inspiriert wurden sie von der orientalisierenden Kunst Griechenlands und des etruskischen Italien. Objekte in jenem charakteristischen Bildstil, wie sie nun schon zweifach auf dem Dürrnberg nachgewiesen sind, erscheinen nördlich des Alpenhauptkamms ausgesprochen selten und illustrieren eindrücklich die Fernbeziehungen und den Wohlstand der eisenzeitlichen Salzherren. Offenbar machte die Fremdartigkeit des Dargestellten auch schon zu damaliger Zeit den Reiz des exotischen Luxusgutes aus: Das größere Situlenfragment wurde in einem Wagengrab des 3. Jahrhunderts v. Chr. gefunden und stellte zu dieser Zeit bereits eine Antiquität dar.

Heute können wir über Sinn und Inhalt der Szenen nur spekulieren: Handelt es sich um alltägliche Begebenheiten oder um mythologische Erzählungen?

aus: Wendling, Holger, Bilderwelten aus der Ferne, in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014,160.

Nr. 6 | Der Reiz des Fremden - Koralle und Elfenbein

Koralle war ein faszinierendes Material. Sie wurde aus dem Mittelmeer importiert oder als fossiles Material aus Ablagerungen der Alpen oder der Mittelgebirge bezogen wurde. Gleich welcher Herkunft, wurden dem Rohstoff bestimmte Eigenschaften zugesprochen, die ihn als Schmuckstein begehrenswert und als Prestigeobjekt repräsentabel machten. Die rote Farbe einiger Korallenarten, die zur Wirkung der Einlagen in Fibeln, Dolchen oder anderen Ziergegenständen beitrug, mag darüberhinaus ganz spezifische soziale oder religiöse Bedeutungen vermittelt haben. Als Einlage im Körper einer als mythologisches Tierwesen gestalteten Fibel aus Grab 378 mag die Koralle die Fremdartigkeit und den Reiz der exotischen Rätselhaftigkeit nur noch stärker betont haben.

Ungleich höher dürfte der aus der Fremdartigkeit der Auflage resultierende Wert einer kleinen Bronzescheibe aus Grab 84 gewesen sein. Das Material kann makroskopisch als Elfenbein bestimmt werden, das seinen Weg als einzigartiges Tauschgut bis auf den Dürrnberg gefunden hat. Da die gesamte Urgeschichte Mitteleuropas nur einige wenige Objekte aus dem wertvollen Material hervorgebracht hat, lässt sich trotz der Winzigkeit des Objektes dessen immense Bedeutung für den eisenzeitlichen Träger des Zierscheibchens erahnen. Obwohl unbekannt ist, ob es sich um Elefantenstoßzahn aus Asien oder Afrika, fossiles Mammutelfenbein oder Walrosselfenbein aus dem nördlichen Skandinavien handelt, dürfte seine mythische Kraft und repräsentative Bedeutung schon in der Latènekultur gewirkt haben. Schrieb man bis in die Neuzeit die Herkunft des Materials den Elfen zu, so mag der Ursprung der seidig glänzenden Rarität den eisenzeitlichen Dürrnbergern umso mysteriöser erschienen sein. Als Luxusgut par excellence verschaffte seine mythisch-religiöse Aura seinem Träger zweifellos Ansehen und Prestige.

aus: Wendling, Holger, Der Reiz des Fremden... in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014, 154.

Nr. 5 | Farbenfrohe Vielfalt aus Textil

Der griechische Schriftsteller Diodorus Siculus (V 30, 1–2) schreibt im 1. Jahrhundert v. Chr.: „Sie tragen auffällige Kleidungsstücke; Hemden in verschiedenen Farben mit Blumenmustern und lange Hosen, die sie braccae nennen. Darüber hängen sie sich gestreifte Mäntel mit einer Schulterfibel, im Winter dickere, im Sommer leichtere, die mit einem dichten und bunten Würfelmuster verziert sind“.
Da sich nur sehr wenige „Selbstporträts“ der Kelten auf Gebrauchsgegenständen, Kunstwerken oder Schmuck erhalten haben, war auch das moderne Keltenbild lange Zeit von den Schilderungen griechischer und römischer Autoren geprägt.
Erst die archäologischen Relikte aus den eisenzeitlichen Bergwerken des Dürrnbergs und in Hallstatt ließen
das Bild der keltischen Stoffe und Mode vielfältiger und detailreicher erscheinen. Das Salz konservierte zahlreiche
Textilreste, die in den Mineralböden urgeschichtlicher Siedlungen und Gräber vergangen wären.
Die Dürrnberger Textilfunde bestätigen die Herstellung feiner und grober Stoffe aus Wolle und Leinen. Auch
die Farbenpracht der antiken Beschreibung wird durch archäologische Funde belegt: Das kleine Textilfragment aus einer Grabung des Jahres 1998 (Ferroschachtricht) besteht aus einem wollenen Grundgewebe mit olivgrünen, rotbraunen und dunkelbraunen Farbtönen, in das Musterstreifen aus je 16 grünblauen Garnen eingezogen sind. Die feine Köperbindung mit zehn Fäden pro Zentimeter ergibt ein Karomuster, das wie die dünne bronzene Nähnadel die Qualität der keltischen Weberei erahnen lässt.
Höchstwahrscheinlich stammen sie jedoch nicht von repräsentativen, schmückenden Kleidungsstücken, die unter Tage getragen wurden, wenngleich unansehnliche Altkleider unter Tage „aufgetragen“ worden sein mögen. Andere wurden in Zweitverwendung im Bergbau genutzt. So dürften Altkleider zerschnitten und als Bänder, Flicken, Schweißtuch oder in anderer Form als Arbeitsgerät oder Transportbehältnis verwendet worden sein.

aus: Wendling, Holger, Farbenfrohe Vielfalt aus Textil, in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014, 202.

Nr. 4 | Luxus aus dem Süden: Stamnos aus Grab 63/Dürrnberg

Seit jeher bestimmen Handelsbeziehungen und äußere Einflüsse Leben und Entwicklung der europäischen Kulturen. In der frühen Eisenzeit (ab ca. 650 v. Chr.) kommt es zu einer merklichen Intensivierung der Beziehungen zwischen der griechisch-etruskischen Mittelmeerwelt und den Gesellschaften nördlich der Alpen. Neben anderen Aspekten scheinen besonders die südlichen Trinksitten Eindruck auf die Welt der hallstattzeitlichen Eliten gemacht zu haben. Fest und Gelage gehörten schon seit langem zu den sozialen und religiösen Grundkonzepten der mitteleuropäischen Urgeschichte. Nun wurden Aspekte des griechischen „symposion“ – des feierlichen, religiös motivierten Umtrunks – in die hallstättische Festkultur integriert. Hierzu gehörte zuvorderst natürlich der Konsum von Wein als exotisches Luxusgetränk. Da man den südlichen Nachbarn in Ambiente und Stil des Feierns nahekommen wollte, wurden auch die zeremoniellen Trink- und Mischgefäße in den heimischen Festablauf integriert. Originale Gefäße aus dem Herkunftsland des Weines gehören somit zu den exklusivsten Luxusgütern. Der Stamnos aus Grab 63 stellt einen der seltenen Funde solcher südländischer Originalgefäße dar. Stamnoi waren als Weinvorratsgefäße ein wichtiger Bestandteil des symposion [feierlich bzw. religiös motivierter Umtrunk] und wurden als Keramikgefäße in Griechenland speziell für den etruskischen Markt hergestellt. Auch der Bronzestamnos dürfte seinen Weg von dort über einen der Alpenpässe bis auf den Dürrnberg gefunden haben. Ob der Stamnos durch den regulären Handel in den Norden kam, ist fraglich. Möglicherweise wurde er als Freundschaftsgeschenk weitergegeben, bis er als prestigeträchtige Grabbeigabe auch im Jenseits beim Gelage dienen sollte.

aus: Wendling, Holger, Luxus aus dem Süden, in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014, 154.

Nr. 3 | Bernsteinperle aus Grab 361/Dürrnberg, Eislfeld

Bernstein, ein fossiles Harz, wird in der antiken Mythologie als „Tränen der Götter“ oder „Sonnenstein“ bezeichnet und wurde wegen seiner Farbe, elektrischen Leitfähigkeit und Brennbarkeit magisch verehrt und hoch geschätzt. Obwohl Bernstein weltweit verbreitet ist, wurde in der europäischen Urgeschichte vornehmlich baltischer Bernstein genutzt, der an den Küsten der Ostsee gesammelt wurde. Der älteste baltische Bernstein der Alpenregion wurde in der Bronzezeit im Austausch gegen alpines Kupfer gen Süden transportiert. Die verschiedenen Handelswege entlang der sogenannten Bernsteinstraße, einem breiten Kommunikationskorridor entlang der Flüsse Weichsel, Warte, Oder und Donau, strahlten wohl auch nach Westen in den Salzburger Raum aus. (1)
Seine optische Wirkung bestach schon die eisenzeitliche Bevölkerung des Dürrnberges, in dessen Gräbern zahllose Bernsteinobjekte gefunden wurden. Seine exotische Herkunft machte den Bernstein zu einem begehrten Schmuckobjekt, mit dem wirtschaftlicher Erfolg, Reichtum und Macht zur Schau gestellt werden konnte. Gleichzeitig diente er seiner bemerkenswerten, geradezu mystischen Eigenschaften wegen als kultischer Gegenstand oder Amulett, dem unheilabwehrende oder glückbringende Funktionen innewohnten.
Die größte Bernsteinperle aus Grab 361 (Dürrnberg, Eislfeld) wiegt 172 Gramm. Sie veranschaulicht den Prunk, der mit dem exotischem Material betrieben wurde. (2)

(1) Wendling, Holger, Zeitsprünge | Ursprünge - Reise in die Urgeschichte Salzburg. Ein Handbuch der urgeschichtlichen Archäologie einer Alpenregion, Salzburg 2018, 113.
(2) Wendling, Holger, Der Reiz des Fremden…, in: Salzburg Museum (Hrsg.), Archäologie in Salzburg, Bd. 7, Begleitband zu den Ausstellungen „Archäologie?! Spurensuche in der Gegenwart“ (Salzburg Museum Neue Residenz) und „Wirklich wichtig - Archäologische Highlights erzählen ihre Geschichte“ (Keltenmuseum Hallein), Salzburg 2014, 154.

Nr. 2 | Goldschiffchen vom Dürrnberg

Salzachkahn & Hadesfähre
In Grab 44/1 des Dürrnberges, in das um 400 v. Chr. der Leichnam eines latènezeitlichen Kriegers gebettet worden war, fand sich ein einzigartiges Objekt: Ein kaum 6,5 cm langes, aus purem Gold gefertigtes Modellschiffchen gibt mit zwei seitlich angebrachten Rudern oder Paddeln ein keltisches Wasserfahrzeug wieder. Seine Form stimmt mit den flachbodigen „Plätten“ überein, auf denen noch bis in das 19. Jahrhundert das Dürrnberger Salz, Baumaterial und Metallrohstoffe auf der Salzach verschifft wurden. Diese Übereinstimmung könnte die Interpretation des Bestatteten als keltischer „Logistikunternehmer“ stützen, dem ein Modell seiner Transportflotte beigegeben wurde. Andererseits mag das Motiv der Überfahrt über den Unterweltsfluss Styx in das Totenreich des Hades aus der griechischen Mythologie in die Jenseitsvorstellungen der nordalpinen Kelten übertragen worden sein oder gar in ähnlicher Form schon seit älteren Zeiten als Teil der einheimischen Kosmologie existiert haben. Als Symbol der Jenseitsfähre nahm man natürlich auch hier die Form der gängigen Transportfahrzeuge, die den Salzfluss befuhren, auf.

aus: Wendling, Holger, Zeitsprünge | Ursprünge - Reise in die Urgeschichte Salzburg. Ein Handbuch der urgeschichtlichen Archäologie einer Alpenregion, Salzburg 2018, 119.

Nr. 1 | Der Helm vom Pass Lueg

Der Helm wurde 1838 am Pass Lueg, einer Engstelle des Salzachtales rund 35 km südlich der Stadt Salzburg entdeckt und ging als einer der frühesten archäologischen Funde in die Sammlung des bald danach gegründeten Städtischen Museums Salzburg ein. In den Anfangstagen der Archäologie galt er zunächst als typisches Relikt der keltischen Vergangenheit und fand so als Motiv Eingang in Historiengemälde und Denkmäler des romantischen Nationalismus im 19. Jahrhundert. Hier galt der Helmtypus irrtümlich als charakteristischer Kopfputz keltischer Krieger – die tatsächlich erst viel später lebten. Im aufkommenden europäischen Nationalbewusstsein wurden die Helden der urgeschichtlichen Vergangenheit wie der gallische Freiheitskämpfer Vercingetorix mit Prunkwaffen abgebildet, von denen man fälschlicherweise annahm, sie stammten aus jener Epoche. Erst mit dem Beginn einer systematischen Urgeschichtsforschung zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte man seine zeitliche und kulturelle Herkunft näher bestimmen. Funde entsprechender Kammhelme in Moosbruckschrofen (Tirol) und im Anlauftal bei Rauris bestätigen die mittel- bis spätbronzezeitliche Zeitstellung des buckel- und punzverzierten Salzburger Kopfschutzes. Mit dem Helm waren mehrere Bronzeobjekte – Fragmente zweier Bronzepickel, eines Lappenbeils, zweier Gusskuchen sowie drei Bruchstücke eines vierkantigen Bronzestabs, eventuell eines Barrens – vergesellschaftet. Die in der Herstellung aufwändigen Helme waren, zusammen mit Bronzepanzern, Beinschienen und Schilden rare und sorgsam gehütete Prestigestücke hochrangiger Persönlichkeiten. So wurde der Helm vom Pass Lueg vor seiner Deponierung mit einer nicht zugehörigen rechten Wangenklappe repariert und ergänzt.

Die über ganz Europa verstreuten Elemente der bronzezeitlichen Waffenausstattung passen sich zu einem eindrucksvollen Ensemble kriegerischer Wehr zusammen. Ob derartige Panzerungen allerdings tatsächlich im Kampf getragen wurden oder der martialischen Repräsentation von Macht und Einfluss dienten, ist unklar.

aus: Wendling, Holger, Zeitsprünge | Ursprünge - Reise in die Urgeschichte Salzburg. Ein Handbuch der urgeschichtlichen Archäologie einer Alpenregion, Salzburg 2018, 74.

 

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